Rückenschmerzen am Arbeitsplatz

Rückenschmerzen – ein Thema mit vielen Vorurteilen

Schätzungsweise 80 Prozent der deutschen Bevölkerung leiden mindestens einmal im Leben an Rückenschmerzen. Als eine der häufigsten Ursachen gilt Bewegungsmangel. Welche Rolle spielt der Arbeitsplatz dabei?

Mythos: Bandscheibenschaden durch vieles Sitzen oder falsche Bewegung

Im Volksmund kursieren immer noch Warnhinweise wie „durch falsches Bücken springt die Bandscheibe raus“ oder „durch Sitzen nutzen sich Bandscheiben ab“. Doch keine dieser Aussagen ist bewiesen. Es wird davon ausgegangen, dass sichtbare Abnutzungen an der Lendenwirbelsäule bis zu 70 Prozent genetisch sind. Dabei hat die körperliche Belastung in Beruf und Alltag nur einen Einfluss von 5 Prozent. Der Rücken ist also viel stärker und belastbarer als gemeinhin angenommen wird. Es gilt: Möglichst viel bewegen.

Mythos: Bandscheibenverschleiß bereitet Schmerzen

Neue Erkenntnisse zeigen, dass auf einem Röntgenbild sichtbare Verschleißerscheinungen von Wirbelsäule und Bandscheiben weniger Einfluss auf Rückenschmerzen haben, als der Umgang mit den Schmerzen. Während man früher zu Bettruhe riet, gilt heute: Möglichst viel und vielseitig bewegen. Klaus Möhlendick, Diplom-Sportwissenschaftler, rät, den Alltag aktiver zu gestalten. „Schon vermeintliche Kleinigkeiten tun dem Rücken gut. Regelmäßige Spaziergänge, Treppe statt Aufzug, Fahrrad statt Auto oder häufiges Wechseln der Sitzposition sind nicht besonders aufwendig, aber sehr effektiv“, so Möhlendick. Zudem haben wissenschaftliche Untersuchungen ergeben, dass sichtbare Veränderungen an der Wirbelsäule ganz normale Alterserscheinungen sind, die sowohl bei Menschen mit als auch bei Menschen ohne Schmerzen auftreten. Sichtbare Veränderungen können mittels Röntgenbild oder Kernspintomografie festgestellt werden. Fast jeder 40-Jährige hat Einrisse an mindestens einem äußeren Bandscheibenring, die Hälfte aller 50-Jährigen hat einen Bandscheibenvorfall oder eine Bandscheibenvorwölbung und 70 Prozent aller 50-Jährigen haben auf dem Röntgenbild sichtbare Abnutzungen. Während man früher automatisch davon ausging, dass dies die Ursache der Schmerzen sei, weiß man heute, dass dies nur selten der Realität entspricht.

Mythos: Rückenschmerzen werden durch den Arbeitsplatz verursacht

Da Rückenschmerzen vermehrt in Zusammenhang mit Arbeit gebracht werden, könnte man davon ausgehen, dass diese die Ursache dafür ist. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen jedoch, dass abgesehen von sehr schwerer körperlicher Arbeit, diese zumeist keinen Einfluss auf die Rückenschmerzen hat. Viel wichtiger als die Arbeit an sich, ist die Zufriedenheit des Arbeitnehmers. Unsicherheit und Konflikte am Arbeitsplatz können die Entwicklung chronischer Rückenschmerzen fördern. Hingegen können ausreichende Gestaltungspielräume, Entscheidungsfreiheiten, ein gutes Betriebsklima und eine gute Arbeitsorganisation vor Schmerzen schützen.

Mythos: Ein ergonomischer Arbeitsplatz ist unabdingbar

Ergonomische Arbeitsplätze sind in aller Munde. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) listet eine ganze Reihe von Anforderungen an einen ergonomischen Büro-Arbeitsplatz. Für jedes Büromöbel und den PC gibt es Vorschriften zur Beschaffenheit und Positionierung. So kann ein höhenverstellbarer Schreibtisch den Rücken entlasten, indem Arbeitshaltungen flexibel gewechselt werden können und vor allem der Arbeitstisch an die Körpergröße der arbeitenden Person angepasst werden kann. Bei Bürostühlen ist insbesondere empfehlenswert, auf eine ausreichende Höhenverstellbarkeit zu achten und auf eine gekoppelte Sitz-Lehnen-Neigungsverstellung (Synchronmechanik). Letzteres dient insbesondere der besseren Versorgung der Bandscheiben, da damit ein mechanischer Wechsel der Körperhaltungen gewährleistet ist. Durch die an die menschlichen Bedürfnisse angepassten Sitzmöbel wird ein häufiger Haltungs- und Belastungswechsel gefördert und somit kann Rückenschmerzen vorgebeugt werden.

Es wurde jedoch festgestellt, dass die Arbeitsumgebung und Ausstattung des Arbeitsplatzes, z. B. im Hinblick auf Sitzmöbel, einen vergleichsweise geringen Einfluss auf die Häufigkeit von Rückenbeschwerden haben. Selbstverständlich sollte der Arbeitsplatz so eingerichtet sein, dass Arbeitsabläufe natürlich durchgeführt werden können und der Arbeitsplatz an Körpergröße etc. angepasst ist. Dennoch hat sich herausgestellt, dass ein häufiger und regelmäßiger Haltungs- und Belastungswechsel sowie ein Abbauen von Stressfaktoren, wie z. B. Konflikte am Arbeitsplatz, einen wesentlich größeren Einfluss auf die Rückengesundheit haben.

Fazit

Wer einen gesunden und belastbaren Rücken haben will, sollte Stress vermeiden bzw. abbauen und dem Rücken viel Abwechslung bieten. Regelmäßige kleine Bewegungseinheiten, wie Haltungswechsel oder das Nutzen kleiner Bewegungspausen tun dem Rücken gut.

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