Arbeitszonen statt starre Schreibtischarbeit

Das Büro von morgen – Innovative Raumkonzepte steigern die Produktivität

Immer mehr Firmen setzen auf individuelle Büro-Lösungen. „Effizienz durch Flexibilität“ lautet das neue Credo. Verliert der personalisierte Schreibtisch dadurch in Zukunft an Bedeutung?

Durch die zunehmende Digitalisierung verändern sich viele Arbeitsprozesse im Büro der Zukunft. Das hat zur Folge, dass neben den klassischen 9-to-5-Jobs auch die herkömmliche Bürogestaltung langsam ausdient.

Dabei sind diese beiden Faktoren oft eng miteinander verknüpft. Immer mehr Arbeitgeber legen Zeit und Ort zum Erledigen des täglichen Pensums vertrauensvoll in die Hände der Angestellten. Das hat zur Folge, dass viele Schreibtische in der Firma unbesetzt bleiben oder die Büros nur zu Stoßzeiten voll ausgelastet sind. In den Chefetagen sollte daher die Wirtschaftlichkeit überprüft werden: Büroflächen mieten, die eigentlich kaum genutzt werden – da muss es doch auch andere Lösungen geben.

Arbeitszonen statt starre Schreibtischarbeit

Eine davon wird in der neuen Microsoft-Zentrale in München-Schwabing umgesetzt. Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) entwickelte gemeinsam mit Mitarbeitern und Geschäftsführung ein Konzept, das in Deutschland Schule machen könnte.

Statt festgelegter Arbeitsplätze setzt das Raumkonzept auf Flexibilität. Demzufolge sind die Arbeitsflächen bei Microsoft in verschiedene Bereiche unterteilt: Das Unternehmen strukturiert seine Mitarbeiter in Teams. Für diese gibt es sogenannte „Anchor Areas“, also sprichwörtliche Ankerplätze, in denen sich die Angestellten bewegen. Diese sind wiederum in vier Bereiche unterteilt. Die Einzelarbeit am Schreibtisch wird in der „Accomplish“-Zone erledigt, Teamarbeit dagegen in Projekträumen („Converse“). Wer während des Studiums das Arbeiten in der ruhigen Umgebung einer Bibliothek geschätzt hat, wird sich im „Think“-Bereich wohl fühlen. Bei „Share and discuss“ steht dafür die Zusammenarbeit und der Austausch mit Kollegen im Vordergrund.

Attraktives Design als Grundbaustein

Wenn der Angestellte am Morgen das Büro betritt, begibt er sich also nicht zu seinem persönlichen Schreibtisch. Vielmehr wird der Arbeitsplatz entsprechend der To-Do-Liste ausgewählt. Das beinhaltet auch, dass der Schreibtisch je nach Aufgabenfeld gewechselt werden kann.

Damit das reibungslos funktioniert, setzt Microsoft auf eine „Clean Desk“-Politik. Nach getaner Arbeit wird der Schreibtisch vollständig leer geräumt, sodass er vom nächsten Mitarbeiter genutzt werden kann. Persönliche Unterlagen, Arbeitsmaterial oder Laptops werden in Schließfächern untergebracht. „Vor dem Hintergrund klassischer Büroerfahrungen ist das sicher erst einmal gewöhnungsbedürftig,“ sagt Udo-Ernst Haner vom IAO, der maßgeblich an der Raumgestaltung für Microsoft beteiligt war. Die individuelle Dekoration des Schreibtisches durch Familienfotos oder Urlaubskarten gehört durch das neue Konzept definitiv der Vergangenheit an.

Doch dies ist nicht gleichbedeutend mit einer sterilen Arbeitsumgebung. „Individuelle Deko-Elemente verlieren deutlich an Bedeutung, wenn die Arbeitsumgebung attraktiv gestaltet ist,“ so Haner weiter. Er ist der Meinung, dass in einer ansprechenden Arbeitsumgebung der entscheidende Schlüssel liegt. Umgekehrt wird also ein Schuh daraus: Je geschmackloser die Grundausstattung des Büros, desto eher neigen wir dazu, unserem Schreibtisch eine individuelle Note zu verleihen, damit wir uns eine Wohlfühl-Atmosphäre schaffen.

Alt Bewährtes mit neuem Flair

Schließfächer, Schreibtisch leerräumen und den Arbeitsplatz entsprechend der Aufgaben wählen – für Hochschulabsolventen dürfte dies keine Neuheit sein. Auch Hochschul-Bibliotheken setzen mittlerweile vielerorts auf individuelle Raumkonzepte mit verschiedenen Work-Areas. Ähnliche Arbeitsmethoden kennen auch Mitarbeiter von Großraum-Büros, die im Schichtsystem arbeiten. Dort ist es Gang und Gäbe, dass sich mehrere Mitarbeiter einen Schreibtisch teilen oder gar völlig flexibel entsprechend ihrer Schicht platziert werden. Wobei das Design der Microsoft-Zentrale schon futuristischer sein dürfte, als die bisher bekannten Gestaltungskonzepte.

Schwierigkeiten hat jedoch, wer aus einem kleinen Betrieb in einen internationalen Konzern wechselt und damit den Stammplatz gegen flexible Arbeitsorte tauscht. Oft ist eine Umgewöhnungsphase nötig, um sich an das neue Arbeitsklima zu gewöhnen. Doch auch, wenn die Firmenzentrale sich für eine Neugestaltung entscheidet, ist von der IAO Fingerspitzengefühl gefragt: „Uns geht es ja nicht darum, der Belegschaft ein Konzept aufzuzwingen, sondern anhand der Bedürfnisse und der Arbeitsabläufe die neuen Büros quasi als Maßanzug zuzuschneidern,“ stellt Udo-Ernst Haner fest.