Mehr gleich besser? Wie sich die Arbeitszeit auf die Produktivität auswirkt

Mehr gleich besser? Wie sich die Arbeitszeit auf die Produktivität auswirkt

Viele Firmen stehen immer wieder vor der Frage, wie sich die Produktivität ihrer Arbeit verbessern lässt. Dazu gibt es jetzt neue, überraschende Forschungsergebnisse.

Zu viel Arbeit macht dumm

Im Juli dieses Jahres veröffentlichten Wissenschaftler der Universität Melbourne Forschungsergebnisse zur Auswirkung der Wochenarbeitszeit auf die Intelligenz. Die Studie beschreibt, wie bei vielen Berufsfeldern die elementaren kognitiven Fähigkeiten der über 40-jährigen Mitarbeiter schon bei einer 25-Stunden-Woche nachließen. Sie waren unkonzentrierter und argumentierten schlechter, aber auch ihre Kreativität und die Fähigkeit, Neues zu lernen und zu behalten, litt sichtlich.

Als Ursache machen die Forscher einen alten Bekannten aus: den Stress. Schon vor den Untersuchungen der Australier gab es entsprechende Studien, die belegen, dass ständiger Zeitdruck und psychischer Stress zu einem Abbau der Intelligenz führen. Dass ein so hoher Stresspegel bereits bei einer Arbeitszeit von 25 Stunden wöchentlich erreicht sein kann, hat sogar die Wissenschaftler überrascht.

Die ideale Arbeitszeit

Nichtsdestotrotz halten geistige Herausforderungen das Gehirn auf Trab. Abwechslung in der täglichen Routine und neue Aufgabenfelder tragen dazu bei. Die Studienergebnisse lassen aber auch darauf schließen, dass Arbeit sich nur bis zu einem bestimmten Grenzwert positiv auf die kognitive Leistungsfähigkeit auswirkt. Danach stellt sich ein gegenteiliger Effekt ein. Demzufolge läge die optimale Wochenarbeitszeit für über 40-jährige Frauen bei 22 bis 27 Stunden. Für Männer liegt der Grenzwert etwas höher: 25 bis 30 Stunden Wochenarbeitszeit wäre den Forschern zufolge perfekt.

Neben der Arbeitszeit kann vor allem die Art der ausgeführten Tätigkeiten zu Ermüdungserscheinungen und Stress führen. Neben der bereits erwähnten Routine gilt vor allem Unterforderung als Bremse der Gehirntätigkeit. Auch hier kann sich eine kürzere Arbeitszeit positiv auswirken: Wer weniger Stunden arbeitet, sammelt seine Aufgaben und erledigt sie konzentrierter. Wenige To Do’s bei längerer Arbeitszeit führen oft dazu, dass man Zeit vertrödelt oder sich mit Nebensächlichkeiten ablenkt. Durch die so entstehende Langeweile sinkt auch die Arbeitsmoral.

Die richtige Balance finden

Darum ist es für Arbeitgeber wichtig, ein gutes Gleichgewicht zwischen Unter- und Überforderung der Angestellten zu finden, denn sowohl Stress als auch Lethargie können krankmachen. Aber auch die Produktivität des Betriebs kann erheblich unter zu langen Arbeitszeiten leiden.

In Schweden gab es dazu in der Vergangenheit bereits einige Projekte. In Altenheimen und Krankenhäusern – selbst in einer Autowerkstatt – hat sich die Kürzung der Arbeitszeit positiv auf die Produktivität und den Profit ausgewirkt. Die Mitarbeiter waren seltener krank, konnten wieder ein intensives Privatleben führen und sich ausschlafen. Dadurch waren sie fitter und engagierter bei der Arbeit.

Ob sich das Modell in Schweden – oder gar in Deutschland – durchsetzen wird, bleibt fraglich. Denn letztendlich entscheiden Politiker über die Arbeitszeitmodelle. Außerdem kostet eine Umstrukturierung von öffentlichen Einrichtungen wie Krankenhäusern oder Altenheimen immer erst einmal eine Menge Geld. Ob sich das am Ende auszahlt, müsste in einer weiteren Studie eingehend untersucht werden.