Wertewandel ist ganz normal

Wertewandel ist ganz normal

Seit jeher regen sich die Älteren über die Jugend auf. Hauptkritikpunkt sind das meist rebellische Auftreten der Jugend und die Angst, dass alte, bekannte Werte verloren gehen.

Bevor wir uns allerdings dem Thema Wertewandel in der Arbeitswelt widmen, sollten wir uns noch einmal bewusst machen, was Werte überhaupt sind. Werte sind das Verständnis, auf dessen unser Zusammenleben beruht. Dabei hat jede Gruppe, Kultur und Religion ihre eigenen Vorstellungen.

Werte sind Grundvereinbarungen wie zum Beispiel Meinungsfreiheit, Gleichberechtigung oder Demokratie. Um diese herunter zu brechen werden Normen vereinbart. Dabei gibt es Vereinbarungen, die zwingend eingehalten werden müssen, genauso wie „kann“ und „gute Ton“ Regeln. Mithilfe von Werten und Normen regeln wir unser Zusammenleben, was wir dürfen und was nicht, und geben damit eine Regelmäßigkeit, Orientierung und Entscheidungshilfe. Ohne Normen können wir uns nicht in die Gesellschaft integrieren und wären schutzlos. Wenn ein Individuum gegen die Werte verstößt, gibt es Sanktionen.

Werte und Normen bestimmen die Menschen, die aktuell in einer Gesellschaft zusammenleben. Sie entscheiden, welche Werte altbacken sind und ob sie sich neue Werte geben wollen. Das Zusammenleben ist maßgeblich von der wirtschaftlichen und globalen Situation, Sicherheitsgefühl, Bildung sowie Wohlstand geprägt. Daher verwundert es nicht, dass sich unsere Werte aktuell schneller ändern, als es den Älteren vielleicht lieb ist. Gerade erst sind wir in der dritten industriellen Revolution angekommen, geht es demnächst schon weiter zur vierten industriellen Revolution.

Der Arbeitsmarkt ist heterogen

Kriege, Aufbau, Konjunkturzyklen, globale Krisen, Umweltkatastrophen und die steigende Technologie prägen die Generationen bis heute. Dabei erlebt jede Generation für sich die einzelnen Auswirkungen ganz verschieden und zieht ihre eigenen Rückschlüsse. Daraus entstehen verschiedene Einstellungen zum Leben, Arbeit, Engagement und Familie. Das Generationsmodell versucht diese Verhalten zu clustern und definiert die Generation der Baby Boomer (1950 bis 1965 geboren), Generation X (1965 bis 1980 geboren), Generation Y (Jahrgänge 1980 bis 1995) und Generation Z (* ab 1995). Jede Generation bringt bestimmte Fähigkeiten, Wertesysteme und Bedürfnisse mit, auf die vor allem Führungsebenen individuell eingehen müssen.

Wie äußern sich die unterschiedlichen Wertvorstellungen

Einstellungen zum Leben und Miteinander sowie Erwartungen an den Beruf lassen sich oft an äußerlichen Merkmalen erkennen. So ist der Kleidungsstil ein Aushängeschild, werden „alte“ Werte wie Anzug und lange Röcke weitergetragen, oder doch angezogen was einem gefällt. Schriftlich wie mündlich spiegeln sich die Werte in Ausdruck, Vokabular, Einhaltung von Rechtschreibung sowie Grammatik und der Art der Begrüßung wieder. Vor allem im Berufsleben schlagen sich die Einstellungen in der Zuverlässigkeit, Fleiß, Pünktlichkeit und Flexibilität nieder.

Charakteristika der Baby Boomer

Die Nachkriegszeit entwickelte sich in der BRD und DDR unterschiedlich. Der Osten kämpfte mit den Reparationszahlungen, während der Westen den Marshallplan angenommen hat. In der BRD ging damit der schnelle Aufschwung mit einem Wirtschaftswunder einher. Die Kinder wurden in eine Zeit hineingeboren, wo Vollzeitbeschäftigung und Arbeitskräftemangel herrschten. Doch als diese in den Arbeitsmarkt strömen, ist die Rezension spürbar. Erste größere Krisen, beginnende Arbeitslosigkeit, der Kalte Krieg, innerstaatliche Probleme und Umweltprobleme prägten den Eintritt ins Berufsleben. Die Baby Boomer sind harmoniesüchtig, zukunftsorientiert, voller Hoffnung und christlich orientiert. Prägend in dieser Generation ist auch die beginnende Emanzipation der Frau.

Die Generation hat die Bezeichnung Workaholics entwickelt. Anerkennung bekommt bei ihnen, wer hart arbeitet. Baby Boomern ist die Zusammenarbeit und die Identifikation mit dem Unternehmen wichtig. Sie leben, um zu arbeiten. Heute stehen sie kurz vor der Rente und sind in vielen Führungsebenen verankert.

Die Generation X

Die Eltern der Generation X sind die Veteranen. Der Krieg hatte nachhaltige Auswirkungen auf das Familienleben. So erlebte diese Generationen viele Scheidungen und eine Arbeitsteilung der Eltern. Prägend waren ebenfalls der Mauerfall und die Hoffnungen, die dadurch entstanden sind sowie die weiterbestehenden Umweltkatastrophen. Gleichzeitig stellte sich Perspektiv- und Arbeitslosigkeit ein. Erste technologische Weiterentwicklungen brachten den Aufschwung und der eigene PC daheim war ein Höhepunkt.

Die Generation X beginnt global und pragmatisch zu denken. Ihr perfektes Verhältnis zwischen Arbeit und Leben ist die Work-Life-Balance. Für die Masse galt, wer gut ausgebildet ist, hat keine Sorgen und lebt in sozialer Sicherheit. Die Generation ist sehr ehrgeizig, ambitioniert und möchte vorankommen. Dabei ist sie kreativ und anpassungsfähig, aber skeptisch und im Vergleich zu den Baby Boomern durchsetzungsschwach.  Sie arbeiten, um zu leben.

Die Generation Y erobert den Arbeitsmarkt

Die globalen Veränderungen, Terror, Kriegserklärungen auf der Welt, der technologische Fortschritt, demografischer Wandel, benötigte Spezialisten, neue Branchen und Berufszweige sowie die Entwicklung zu noch mehr Dienstleistung sind besonders bezeichnend für die Generation Y. Die Vertreter profitieren vom Kampf der Frauen für Gleichberechtigung und fordern weiter Offenheit in der Gesellschaft. Open Source, offener Umgang mit weichen Drogen und Homosexualität sowie individuelle Lebensweisen treten in den Vordergrund. So beginnen sie auch bestehende Regeln infrage zu stellen. Die Generation Y gehorcht nicht blind, sie will teilhaben, Transparenz und mitgestalten. Sie ist multitaskingfähig und technikaffin. In der beginnenden digitalen Welt aufgewachsen, können sie sich sowohl online als auch offline artikulieren.

Die Arbeitsprozesse werden komplexer und allumfassender. Das alte Dogma mit einer guten Ausbildung ein Leben lang arbeiten zu können, gilt nicht mehr. Eine gute Grundausbildung, ständige Bereitschaft zur Weiterbildung und Erreichbarkeit sowie Flexibilität sind wichtig, um Bestand auf dem Arbeitsmarkt zu haben. Mit dem vorherrschenden Karrieristen kann sich die Generation Y nicht identifizieren. Zeit, Freude an der Arbeit und Lebensqualität werden als Luxusgüter betrachtet.  Auf Arbeit sind sie Teamplayer, unausgeglichen und anleitungsbedürftig, genießen gern Komfort und funktionale Büros. In ihrer Freizeit engagieren sie sich im Ehrenamt. Familie, Partnerschaft und Freunde sind ihr genauso wichtig, wie eine erfüllende, sinnvolle, abwechslungsreiche Arbeit. Sie verfolgen den Work-Life-Blending Ansatz.

Eine neue Generation macht sich bereit

Wirtschaftlich prägt die Generation Z die immer häufigeren Rezessionen, Umweltprobleme und globale Krisenherde. In den unruhigen Zeiten suchen sie online ihre Kontakte und ziehen sich in der realen Welt zurück. Die Generation Z kennt eine Welt ohne digitale Medien nicht. Lernen und Wissen anreichern müssen die Vertreter nicht mehr, da alle benötigten Informationen online verfügbar sind. Die Herausforderung ist dabei, die richtigen Informationen aus der Flut herauszufiltern und nicht den Informationen zu folgen, die am meisten nutzen.

Das Private ist der Generation Z am wichtigsten, erst kommt das Vergnügen, dann die Arbeit. Sie bevorzugen eine strenge Work-Life-Balance. Für ihre Lebenslust und ein hohes Einkommen arbeiten sie gern hart, aber nur in der vereinbarten Zeit. Im Vergleich zu den bisherigen Generationen zeichnet sich die Generation Z durch einen stark ausgeprägten Individualismus aus. Bindungsbereitschaft zeigen sie zur aktuellen Aufgabe bzw. Projekt, nicht aber gegenüber Unternehmen oder Personen.

Gemeinsame Werte prägen

Auch wenn jede Generation für sich unterschiedliche Werte definiert und teilweise den Werten der Vorgänger bzw. Elterngeneration nicht mehr folgt, gibt es auch gemeinsame Vorstellungen. So werden Menschenwürde, Freiheit, Liebe, Familie, Gerechtigkeit oder Gesundheit immer als hohe Güter angesehen. Arbeitsplatzsicherheit, Einkommen, Lebensqualität und soziale Kontakte sind weitere wichtige Werte.

Heutige Werte in der Arbeitswelt

Da die geburtenstarken Baby Boomer allmählich in Rente gehen und die Generation Y frischen Wind in die Arbeitswelt trägt, hat bereits ein Wertewandel stattgefunden. Statt starren Hierarchien, setzt sich eine Kommunikation auf Augenhöhe mit flachen Hierarchien durch. Anerkennung, Feedback und Wertschätzung werden wichtiger anstelle blinden Gehorsams und Angst, etwas Falsches zu machen. Die Digitalisierung ermöglicht Home Office und Arbeiten von unterwegs, Vertrauen statt Kontrolle ist ein neuer Wert. Nicht nur zwischen den Mitarbeitern auch zwischen Unternehmen wird Kooperation wichtiger als Konkurrenz.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat sich mit dem Thema Werte in der Arbeitswelt auseinandergesetzt und sieben Wertewelten mit angestrebten und ablehnenden Aspekten entwickelt. Welcher Typ sind Sie?

  1. Sorgenfrei von der Arbeit leben können
  2. In einer starken Solidargemeinschaft arbeiten
  3. Den Wohlstand hart erarbeiten
  4. Engagiert Höchstleistung erzielen
  5. Sich in der Arbeit selbst verwirklichen
  6. Balance zwischen Arbeit und Leben finden
  7. Sinn außerhalb seiner Arbeit suchen

Ein Wertewandel vollzieht sich seit jeher, es ist ein ganz natürlicher Prozess. Die Aufgabe der älteren Generationen ist es, sich damit ein Stück abzufinden und ihre Werte mit den Neuen in Einklang zu bringen. Hauptaufgabe ist es allerdings, gute, altbewährte Werte weiterhin an die Kinder zu vermitteln und diese auch vorzuleben. Nur gegenseitige Akzeptanz ermöglicht ein gutes Zusammenleben.