So riecht Glück

Wie riecht das Glück?

Mit Gerüchen heilen? Klingt absurd, funktioniert aber tatsächlich, wie der Erlanger Psychiater Norbert Thürauf tagtäglich erlebt. Er behandelt Menschen, die freudlos sind, therapeutisch mit Duftproben.

Die Frage, wie das Glück riecht, werden Menschen aus verschiedenen Nationen unterschiedlich beantworten. Die meisten Deutschen würden den Geruch von Knoblauch als etwas Unangenehmes beschreiben. Bei Ungarn weckt er jedoch positive Assoziationen. Bei vielen Deutschen rufen Weihnachtsgewürze wie Zimt und Nelken positive Gefühle hervor. Denn zu Weihnachten kommt die Familie zusammen, man hat Zeit für einander. An dieses große Glücksgefühl werden wir erinnert, wenn wir diese Gerüche riechen. Für viele ist das ein großes Glücksgefühl, an das sie die Gewürze erinnern. Aber auch Sommergerüche wie Zitronen oder Sonnenmilch stehen hoch im Kurs.

Sniffin Sticks

So groß wie ein Eddingstift sind die mit Geruchsstoffen gefüllten Plastikhülsen, die Sniffin Sticks. Thürauf hat sie selbst mit entwickelt. Sie enthalten Duftmoleküle, die bei seinen Patienten Erinnerungen und Gefühle hervorrufen. Wer kennt das nicht, wenn man durch die Stadt läuft und plötzlich ein bestimmtes Parfüm riecht, das an eine Person erinnert oder man läuft an einem Restaurant vorbei und es riecht z.B. nach gebratenen Zwiebeln. Sofort werden Erinnerungen und Assoziationen geweckt. Bei manchen Menschen passiert im Kopf vielleicht nichts, andere denken vielleicht an die Großmutter, die immer liebevoll gekocht hat, wenn man aus der Schule gekommen ist. Die Sniffin Sticks enthalten Düfte in sehr konzentrierter Form.

Sniffin Sticks gegen Anhedonie

Mit den Sniffin Sticks geht die Psychiatrie des Erlanger Uniklinikums, an der Thürauf als Oberarzt tätig ist, neue Wege. Statt Emotionen mit Antidepressiva zu hemmen, und damit auch positive Gefühle abzuschwächen, sollen durch die Gerüche schöne Erinnerungen geweckt werden. Der Gedanke dahinter ist einfach: Wem es wieder gelingt, positive Gefühle zu empfinden, der kann seine psychische Erkrankung überwinden. Auf Thüraufs Station werden Menschen behandelt, die an sog. Freudlosigkeit (Anhedonie) leiden: Sie können keine Freude verspüren. Das Resultat von Anhedonie ist oft eine Depression. Sie wird aber auch mit Angststörungen, Schizophrenie und Demenzerkrankungen in Verbindung gebracht. „In der Psychologie gibt es bislang nur wenig Angebote, die das positive Erleben in den Vordergrund stellen“, sagt Thürauf.

Wie funktioniert die Therapie?

Wenn die Patienten zu Thürauf kommen, hält er ihnen zunächst einen der Sniffin Sticks unter die Nase. Die Gerüche sind dabei völlig unterschiedlich. Sie können nach Banane, Rosen, Motoröl oder einer Ledertasche riechen. Ob der Geruch von den Patienten erkannt wird, spielt keine Rolle. Sie sollen erst einmal beschreiben, an was sie der Duft erinnert und ob er für sie angenehm oder unangenehm ist. Es gibt zum Beispiel Patienten, bei denen der Geruch nach Motoröl positive Gefühle weckt, weil ihr geliebter Vater früher oft am Auto geschraubt hat und sie gute Erinnerungen in der Kindheit damit verbinden. „Dabei wird die emotionale Geruchserinnerung aktiviert“, sagt Thürauf. Er könne so „das Gefühlsleben der Patienten in eine angenehme Richtung lenken“ und sie daran erinnern, wie es sich anfühlt, zufrieden zu sein.