Wie mache ich mich selbstständig?

Wie mache ich mich selbstständig?

In Zeiten von Langzeitarbeitslosigkeit, Niedrig- und Mindestlöhnen, niedrigen Renten, Neben- und Minijobs, kostenlosen Praktikumsstellen, Zeit- und Leiharbeiten keimt bestimmt im einen oder anderen der Gedanke, sich selbstständig zu machen.

Wenn einem der Frust endlos erscheinender Bewerbungen und Absagen die Freude an einem Angestelltenverhältnis vergällen, krude Geschäftsmethoden und herrische Chefs den Arbeitsplatz zur Hölle machen, könnte der Schritt in die Selbstständigkeit die Rettung vor beruflicher Trivialität und finanzieller Bedeutungslosigkeit sein.

Oder haben Sie eine gute Geschäftsidee? Nervt sie vielleicht der Pizza-Service aus dem Nachbarort mit seinen kalt gelieferten Pizzas? Glauben Sie, das besser machen zu können? Fehlt in Ihrem Ort oder Ihrer Region eine wichtige Dienstleistung? Wollen Sie das übernehmen? Dann wäre das der richtige Zeitpunkt über Selbstständigkeit nachzudenken!

Also schnell eine Firma anmelden!

Wenn das so einfach ist … zur Recherche greift man heutzutage natürlich auf Mr. Google zurück:

  • Wege in die Selbstständigkeit: Ungefähr 1.290.000 Ergebnisse
  • Selbstständigkeit in Deutschland: Ungefähr 545.000 Ergebnisse
  • Wie mache ich mich selbstständig: Ungefähr 453.000 Ergebnisse
  • Kosten der Selbstständigkeit: Ungefähr 572.000 Ergebnisse
  • usw. …

Die Zahlen sprechen für sich: viele Informationen zu einem vermutet einfachen Thema. Warum gibt es dann also so viele Tipps, Anleitungen, Hilfen und Hinweise dazu? Sollte es mit dem Gang zur Gemeinde und dem Ausfüllen des Antrags zur Anmeldung eines Gewerbes etwa nicht getan sein? Man hat ja schließlich etwas gelernt, eine wahnsinnig tolle Geschäftsidee und absolut keinen Bock auf ein Angestelltendasein. Auch verdient man als Selbstständiger viel mehr und kann seine Zeit einteilen wie man will.

Insbesondere die letzte Suche nach den Kosten sollten angehende Existenzgründer unbedingt zuerst anwerfen. Denn nur mit wohlgemeinten Ratschlägen aus dem Bekanntenkreis zu einer „netten“ Geschäftsidee können Sie in den seltensten Fällen einen funktionierenden Betrieb aufbauen.

Woran man bei solchen Spontanentscheidungen offenbar oft nicht denkt, sind zum Beispiel Ämter und Behörden, Banken, Versicherungen, Steuerberater, Industrie- und Handwerkskammern, Vermieter … usw. Also wesentlich mehr Verwaltungs- und Vorbereitungsarbeit als ein Jungunternehmer es sich vorstellen kann.

Also erst mal doch kein Gewerbe anmelden?

Wenn Sie ungekündigt in Lohn und Arbeit stehen, belassen Sie es vorerst dabei. So verdienen Sie Ihren Lebensunterhalt, bevor Sie sich in das Abenteuer Selbstständigkeit stürzen. Sie haben ohne Druck Zeit dafür, sich vorzubereiten und beraten zu lassen, ohne beim Anblick Ihrer Kontoauszüge in Panik zu geraten.

Wenn Sie frisch aus der Ausbildung kommen, suchen Sie trotzdem parallel über Stellenangebote oder über das Arbeitsamt einen sozialversicherten Arbeitsplatz. Sie brauchen Geld zum Überleben und natürlich zum Aufbau Ihrer geplanten Selbstständigkeit. Es gibt wenige Geschäftsideen, mit denen Sie vom ersten Tag an so viel verdienen, dass Sie sofort davon leben und die Startinvestitionen und laufenden Kosten Ihres Betriebes tragen können.

Außerdem können Sie bei dieser Stelle Erfahrungen im Berufsleben sammeln, sind versichert und können auch eventuell den einen oder anderen künftigen Kunden oder Lieferanten in der Branche kennenlernen. Und: Nach zwei Jahren in einer sozialversicherten Stelle haben Sie Anrecht auf Arbeitslosenunterstützung und Förderungen.

Apropos Umsatz: Das, was Sie als Selbstständiger in Rechnung stellen, gehört noch lange nicht nur Ihnen alleine! Finanzamt, Lieferanten, Kredite, Raumkosten usw. müssen alles davon abgedeckt werden können. Was danach noch übrig bleibt, ist Ihr Verdienst.

Das A und O bei der Gründung: Beraten lassen

Und zwar von kompetenten Stellen wie der Bundesagentur für Arbeit, IHK, Steuerberater oder Unternehmensberater . Bei den meisten Institutionen bekommen Sie diese Beratungen oder Vorgespräche sogar kostenlos oder können sich diese auch mit den entsprechenden Anträgen fördern lassen. Ihre Hausbank kann Ihnen ebenso kostenlos Hilfe und Tipps geben. Nutzen Sie das alles vor dem Gang zur Gemeinde! Denn wenn das Gewerbe einmal angemeldet ist, fangen die Mühlen der Ämter an zu mahlen. Das Finanzamt will etwas von Ihnen wissen und je nach Art Ihres Geschäftes will die IHK oder die Handwerkskammer einen Beitrag von Ihnen haben. Es gibt Berufe, für die Sie eine Genehmigung oder Spezialschulung benötigen, wie zum Beispiel Sicherheitsdienste, bestimmte Tierzüchter, Finanz- und Arbeitsvermittler oder Makler. Bevor Sie diese Zulassungen nicht haben, können Sie auch nicht mit der Arbeit beginnen und Geld verdienen.

Bereiten Sie sich auf die Gespräche gründlich vor. Stellen Sie einen Fragenkatalog auf, den Sie Punkt für Punkt mit dem Gesprächspartner abarbeiten. Scheuen Sie sich nicht, nachzufragen, wenn Sie etwas nicht verstanden haben. Schreiben Sie nur die wichtigsten Punkte der Antworten auf, damit Sie den Gesprächsfaden nicht verlieren, und bearbeiten Sie das Protokoll sofort nach dem Gespräch, solange Sie es noch frisch in Erinnerung haben!

„Wer bei der Planung versagt, plant sein Versagen“

Das allumfassende Thema, auf das Sie bei jedem Gespräch stoßen werden, ist der „Geschäftsplan“ oder auch „Business-Plan“. Darin sollen Sie für die verschiedenen o. g. Stellen erläutern, was Sie vorhaben und was Sie von Ihrer Firma erwarten. Diese Erwartung müssen Sie insbesondere für das Arbeitsamt in harter Währung beziffern können, wenn Sie aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis in die Selbstständigkeit wechseln und dafür Förderungen erhalten wollen. Denn die erhalten Sie nur, wenn Sie nachweislich von Ihrer selbstständigen Tätigkeit leben können und nicht nur zum Vergnügen ausüben möchten.

Die IHK bietet Kurse zum Thema „Business-Plan“ an, die Sie vor Ihrer Gewerbeanmeldung besucht haben sollten. Meistens sind die Kurse kostenfrei, finden allerdings leider oft an Wochentagen statt. Sehen Sie dafür auch ruhig bei den IHK-Stellen im näheren Umkreis nach, denn Sie sind nicht an die IHK in Ihrer Region gebunden.

Die Vorgaben und auch Muster für Geschäftspläne erhalten Sie zum Herunterladen im Internet z. B. bei Ihrem Arbeitsamt und IHK. Da die Muster der Behörden auch deren Anforderungen entsprechen, sollten Sie diese verwenden und für Ihre Geschäftsidee anpassen. Gehen Sie mit dem Plan zuerst zu Ihrem Steuerberater oder dem Berater bei der IHK, bevor Sie ihn mit Ihrem Antrag an das Arbeitsamt abgeben. Denn wenn der Plan dort erst einmal abgelehnt ist, ist es schwierig, das noch einmal zu versuchen. Ein negativer Bescheid kann Ihnen jegliche Förderung versagen.

Banken und Behörden – des Selbstständigen Feinde?

Der ganze Spießrutenlauf durch die verschiedenen Instanzen ist nicht immer so einfach. Ihr Erfolg oder Misserfolg kann davon abhängen, wie es Ihnen und Ihrem Gegenüber gerade persönlich geht oder was Sie vorweisen können.

Ein beständiger Faktor dabei ist immer ganz wichtig: Sie!

Bleiben Sie in jeder Situation freundlich, höflich, gelassen und vor allem respektvoll! Beamte und Bänker sind auch nur Menschen mit allen ihren Fehlern, Meinungen und Vorurteilen. Geben Sie ihnen einfach keinen Grund, einen Groll gegen Sie aufzubauen. Einfach nur „Cool Man“!

Bereiten Sie sich zu jedem Gespräch ausgiebig vor! Üben Sie notfalls das Gespräch vorher und hinterfragen Sie Ihre eigenen Argumente. Bei Schwachpunkten überlegen Sie sich entsprechende Antworten auf eventuelle Fragen des Gesprächspartners. Notieren Sie diese für Ihren Fragenkatalog.

Bitten Sie aktiv um Hilfestellung bei unklaren Punkten. Wenn Ihr Gegenüber sein Fachwissen anbringen kann, haben Sie schon einen großen Schritt vorwärts geschafft.

Versuchen Sie auf keinen Fall, Ihre Gesprächspartner gegeneinander auszustechen. Erstens ist das einfach nur schlechter Stil und zweitens wissen Sie nicht, wer wen kennt.

Fazit

Nicht nur die Selbstständigkeit selbst, sondern schon der Weg dahin kann ein Abenteuer sein. Wer nicht ein gewisses Maß an Risikobereitschaft mitbringt, sollte nicht an einen eigenen Betrieb denken. Sich selbstständig zu machen ist oft ein nicht absehbares Wagnis. Wer aber mit Ehrgeiz, guter Planung, einer guten Idee und viel Geduld aufwarten kann, dem kann die Selbstständigkeit nicht nur einen guten Verdienst bringen, sondern auch die Gewissheit, etwas zu tun, was einem Spaß macht und sein Leben mit Erfolg erfüllt!

 

Noch ein paar wichtige Links

Gründerlexikon

Infos, Ideen und Tools für Selbstständige

Für Gründer