Union Busting

Union Busting – So leiden Gewerkschaften und Betriebsräte

Obwohl Artikel 9 des Grundgesetzes allen Arbeitnehmern das Koalitionsrecht zugesteht, gewinnt das Thema „Behinderung von Gewerkschaftsarbeit“ immer mehr an Bedeutung. „Union Busting“ nennen Fachleute das.

Es ist kein Geheimnis: Arbeitnehmer haben es in den USA nicht leicht. Von Mindestlöhnen, Renten oder gar einer Krankenversicherung können viele Berufstätige in den Vereinigten Staaten nur träumen.

Gewerkschaften in den USA: Arbeiter ohne Stimme

Auch die Organisation in Gewerkschaften ist mit erheblich mehr Aufwand verbunden als hierzulande. Dazu muss ein Wahlverfahren durchgeführt werden, bei dem die Mehrheit der Mitarbeiter sich für eine Gewerkschaft entscheidet.

An diesem Punkt setzen Arbeitgeber ihre Hebel an: Um die Arbeitsrechte so gering wie möglich zu halten, wird mit harten Bandagen gekämpft. Die negative Darstellung der Gewerkschaftsarbeit wird oft auch von prominenten Politikern unterstützt. Angestellte, die sich dagegen positiv äußern oder gar in einer Gewerkschaft engagieren, müssen mit ihrer Kündigung oder einer Strafversetzung an einen unbeliebten Unternehmens-Standort rechnen. Doch auch Bestechungen oder persönliche Bedrohungen der Beschäftigten stehen auf der Tagesordnung.

Union Busting Consultants als Geschäftszweug

Aus diesen Methoden entwickelte sich ein ganzer Geschäftszweig: „Union Busting Consultants“, also Berater für Gewerkschafts-Zerschlagung, oder „Persuaders“ (Überredungskünstler) werden von Firmen und Konzernen engagiert, um gezielt Angestellte von der Organisation in einer Gewerkschaft abzuhalten. Das hat in dem Land, wo jeder vom Tellerwäscher zum Millionär aufsteigen kann, lange Tradition. Schon 1850 gründete sich die Pinkerton-Agentur. Diese begann ursprünglich als Detektei, doch schon bald stellte sie ihre Arbeit in den Dienst der Eisenbahngesellschaften. Dort wurden Allan Pinkerton und seine Mitarbeiter als Streikbrecher angeheuert, um die anderen Eisenbahner zu demoralisieren und wieder auf Linie zu bringen. Auch Fabrikbesitzer schworen auf Pinkertons Detektei, um die Gewerkschaften zu bekämpfen und ihre Hallen vor Streikenden zu schützen.

Geänderte Gesetzeslage

Erst im März diesen Jahres änderte sich die Gesetzeslage in den USA. Bisher wurde vorausgesetzt, dass Angestellte der Regierung jegliche direkte Arbeit meldeten, die als Union Busting zu erkennen war. Damit waren vor allem Veranstaltungen unter dem Deckmantel von Mitarbeiterschulungen gemeint. Das neue Gesetz besagt, dass Beschäftigte und ihre Auftraggeber auch alle indirekten Versuche unverzüglich anzeigen müssen. Dazu zählt bspw. auch, wenn ein Anwalt einer Firma dabei hilft, eine Videopräsentation zu erstellen, die ein schlechtes Licht auf die Gewerkschaften wirft. In so einem Fall müssen beide Parteien melden, dass sie eine Geschäftsbeziehung eingegangen sind und wie viel Geld dabei über den Tisch ging.

Auch in Deutschland ist die systematische Zersprengung von Gewerkschaften bereits im Gang

Was ein bisschen nach Gangster-Film und Mafia-Methoden klingt, hat sich längst auch in Europa verbreitet. Nach einer Studie der Otto Brenner Stiftung aus dem Jahr 2014 ist die systematische Zersprengung von Gewerkschaften auch in Deutschland bereits im Gang. Die Wissenschaftsstiftung der IG Metall mit Sitz in Frankfurt am Main stellt in ihrer Studie „Union Busting in Deutschland“ fest, dass die Zustände hierzulande zwar noch nicht so eklatant wie in Übersee sind, dennoch sind auch hier immer mehr externe Dienstleister damit beauftragt, die Arbeit von Betriebsräten und Gewerkschaften zu schwächen.

Nicht nur Anwaltskanzleien, auch PR-Agenturen oder Wirtschaftsdetekteien, Human-Ressource-Einrichtungen oder wirtschaftsfinanzierte Hochschulen – sie alle zählen zur Bandbreite der deutschen Union Busting Consultants. Dabei firmieren sie meist unter Schlagworten wie „Mitbestimmung – Nein Danke“, „Kündigung von Unkündbaren“ und „Mehr Erfolg ohne Betriebsrat“. Negative Schlagzeilen schrieben dazu schon große Firmen wie Amazon oder Birkenstock. Auch die Fast-Food-Riesen McDonald’s und Burger King bekleckerten sich in letzter Zeit nicht gerade mit Ruhm.

Unternehmen stören sich am Eingriff in die unternehmerische Gestaltungsfreiheit

Doch warum haben so viele Arbeitgeber Angst vor einem starken Betriebsrat? Die DGB Rechtsschutz GmbH antwortet dazu: „Weil sich die Unternehmen am besonderen Kündigungsschutz der Betriebsräte stören sowie an anderen Möglichkeiten, in die unternehmerische Gestaltungsfreiheit einzugreifen. Ein starker Betriebsrat kann im Konfliktfall ein starker Gegner sein.“

Dabei bietet der Betriebsrat einem Unternehmen auch entscheidende Vorteile. Prof. Dr. Uwe Jirjahn, Arbeitsmarktökonom an der Universität Trier, hat 2010 in einem von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Projekt verschiedene Umfragen zu dem Thema ausgewertet. Er stellte fest, dass Betriebsräte nicht nur den Beschäftigten nützen, sondern auch vielerorts die Wirtschaftlichkeit von Unternehmen steigern. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Betriebsräte und Gewerkschaften können eine Vermittlerrolle zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten einnehmen. Dadurch entsteht nicht nur eine Pufferzone zwischen allen Parteien, sondern stärkt auch das Vertrauen auf beiden Seiten. Wo es einen engagierten Betriebsrat gibt, wird auch oft produktiver und innovativer gearbeitet, Mitarbeiterzahlen haben eine geringere Schwankung und es wird eine familienfreundlichere Personalpolitik angestrebt.