Doping am Arbeitsplatz

Doping am Arbeitsplatz

Immer Vollgas, zahllose Überstunden und ständige Verfügbarkeit – das moderne Arbeitsleben kann uns ans Limit bringen. Der Reiz, die Leistungsfähigkeit durch Doping zu steigern, wird mit zunehmender Belastung größer.

Zuviel Arbeit, zu wenig Schlaf und kaum Freizeit – wenn man sich vom Arbeitsstress überwältigt fühlt, suchen viele automatisch nach Mitteln, um fit zu bleiben und durchzuhalten. Dies ist kein neues Phänomen, denn die Menschen versuchen seit jeher, durch den Einsatz von bestimmten Wirkstoffen oder Substanzen die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit zu steigern. Dies fängt bei gesellschaftlich akzeptierten Mitteln wie Koffein in Tee oder Kaffee, Traubenzucker und Energygetränken an und endet im Ernstfall beim Doping, dem Konsum von pharmazeutischen Erzeugnissen. Die Entwicklungen der Pharmaindustrie haben in den vergangenen Jahrzehnten Psychostimulanzien wie Amphetamine, Antidepressiva und Mittel gegen Demenz hervorgebracht. Mittel, die zum Zweck der geistigen Leistungssteigerung angewendet werden können, bezeichnet man als Neuroenhancer (engl. enhance = steigern, verbessern).

Medikamente für Gesunde?

Bei gesunden Menschen zielt die Anwendung von Neuroenhancern einerseits auf die Steigerung geistiger Fähigkeiten wie Gedächtnis, Lernen, Aufmerksamkeit und Wachheit und andererseits auf die Verbesserung gesellschaftlicher Funktionsfähigkeiten durch Stimmungsaufhellung, Stressvermeidung und Vermeidung von nervösen Unruhe- oder Angstzuständen. Der Nutzen solcher Mittel ist allerdings beschränkt, denn die Wirkung hält nur kurzfristig, das heißt z. B. eine dauerhafte Steigerung der Konzentrationsfähigkeit kann nicht erreicht werden. Ganz im Gegenteil: Insbesondere Mittel gegen Demenz oder Depression wirken bei gesunden Menschen gar nicht, allerdings besteht das Risiko unerwünschter Nebenwirkungen.

Wer sind die Konsumenten?

Das Robert Koch-Institut hat 2010 im Rahmen der KOLIBRI-Studie deutschlandweit 6.142 Personen zum Konsum leistungsbeeinflussender Mittel in Alltag und Freizeit durchgeführt. Dabei wurde die Anwendung verschreibungspflichtiger und illegaler Substanzen (z. B. Amphetamine) sowie freiverkäuflicher Präparate (z. B. Traubenzucker) in der Allgemeinbevölkerung ab 18 Jahren erhoben. Die Studie ergab, dass vorwiegend Jüngere Neuroenhancer einnehmen. Knapp drei Prozent aller Frauen und Männer zwischen 18 und 44 Jahren nehmen solche Mittel ohne medizinische Notwendigkeit ein. Zudem gab es einen Zusammenhang zwischen Konsum und Wochenarbeitszeit. Eine hohe Wochenarbeitszeit erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sich Arbeitnehmer dopen. Eine ebenfalls 2010 durchgeführte Online-Befragung des HIS-Instituts für Hochschulforschung von ca. 8.000 Studierenden ergab, dass fünf Prozent der Befragten zu verschreibungspflichtigen Medikamenten oder illegalen Substanzen greifen, um ihr Studium besser bewältigen zu können.

Aktuelle Zahlen

Nach dem DAK-Gesundheitsreport 2015 sind die Zahlen der Konsumenten von Neuroenhancern im Arbeitsleben im Vergleich zur letzten Befragung der DAK von 2008 angestiegen. Etwa sieben Prozent geben an, schon einmal Hirndoping betrieben zu haben. Ständige Nutzer sind etwa zwei bis drei Prozent der Befragten. Hirndoping ist also kein verbreitetes Problem, dennoch sollten Betroffene sich bewusst sein, dass sie ihre Gesundheit aufs Spiel setzen, da die Nebenwirkungen ein Gesundheitsrisiko darstellen.